Kreide

Kreide
Krei|de ['krai̮də], die; -, -n:
1. <ohne Plural> in unvermischter Form weißer und weiß färbender, erdiger, weicher Kalkstein:
Felsen aus Kreide.
2. als Stift, Mine o. Ä. geformtes Stück aus weißem Kalkstein, festem Gips o. Ä. zum Schreiben, Zeichnen, Markieren:
weiße, rote, grüne Kreide; etwas mit Kreide an die Tafel schreiben.

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Krei|de 〈f. 19
1. aus den Schalen fossiler Tiere entstandener, feinerdiger, weißfärbender Kalkstein
3. 〈Geol.〉 die nach dem Auftreten der weißen Schreibkreide benannte, durch weltweite Meerestransgressionen gekennzeichnete u. auf der ganzen Erde nachgewiesene jüngste Formation des Mesozoikums (zw. Jura u. Tertiär) vor 110-60 Mio. Jahren; Sy Kreidezeit
4. 〈nddt.〉 Brei, Mus, Schlacke
● etwas mit \Kreide an die Tafel schreiben; tief in der \Kreide sitzen, stehen 〈fig.〉 stark verschuldet sein (weil früher im Gasthaus u. beim Kaufmann die Schulden mit Kreide auf eine Tafel geschrieben, d. h. angekreidet wurden); \Kreide gefressen haben 〈fig.〉 sich nach außen hin völlig harmlos geben [<spätahd. krida <vulgärlat. creda <lat. (terra) creta „gesiebte Erde“; zu cernere „scheiden, sichten“]

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Krei|de: aus Mikrofossilien entstandenes weißes, mikrokrist. Calciumcarbonat.

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Krei|de , die; -, -n [mhd. krīde, spätahd. krīda < vlat. (galloroman.) creda < lat. creta, viell. gek. aus: terra creta = gesiebte Erde, zu: cretum, 2. Part. von: cernere = scheiden, sichten]:
1. <o. Pl.> [fossiler] in unvermischter Form weißer u. weiß färbender, erdiger, weicher Kalkstein:
K. abbauen;
Felsen aus K.;
bleich, weiß wie K. werden (erbleichen);
K. fressen (ugs.; sich zurückhalten; seine Aggressivität im Zaum halten; sich scheinbar friedfertig geben; wohl nach dem grimmschen Märchen vom »Wolf und den sieben Geißlein«, in dem der Wolf Kreide frisst, um eine zarte Stimme zu bekommen).
2. [als Stift, 1Mine (3) o. Ä. geformtes Stück] feste Kreide (1), feinkörniger fester Gips o. Ä. zum Schreiben, Zeichnen, Markieren:
weiße, rote, grüne K.;
ein Stück K.;
etw. mit K. an die [Wand]tafel schreiben;
mit K. zeichnen;
[die folgenden Wendungen beziehen sich darauf, dass früher bes. in Gasthäusern die Schulden der Gäste mit Kreide auf einer Tafel notiert (»angekreidet«) wurden] bei jmdm. [tief] in der K. stehen/sein/sitzen (ugs.; bei jmdm. [viele] Schulden haben);
bei jmdm. [immer tiefer] in die K. geraten/kommen (ugs.; bei jmdm. [immer mehr] Schulden machen);
mit doppelter K. [an]schreiben (in unlauterer Absicht geschuldete Beträge überhöht anschreiben, ansetzen; eigtl. = mit doppelter Kreidespitze schreiben, damit unbemerkt zwei Zählstriche zugleich entstehen).
3. <o. Pl.> (Geol.) jüngste Formation des Mesozoikums (zwischen Jura und Tertiär).

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Kreide
 
[spälthochdeutsch krīda, von vulgärlateinisch (galloromanisch) creda, von lateinisch creta »Kreide«, vielleicht gekürzt aus lateinisch terra creta »gesiebte Erde«],
 
 1) Geologie: das letzte System des Mesozoikums. Die Untergliederung beruht v. a. auf Leitfossilien von Ammoniten, Belemniten, Muscheln und Foraminiferen.
 
Die Kreidezeit ist durch ausgedehnte Überflutungen (Flachmeere) gekennzeichnet. Nordamerika und Eurasien hingen noch zusammen (Laurasia), die Südkontinente (Gondwana) lösten sich dagegen vollständig voneinander, wobei der Südatlantik entstand. Der erdumspannende Meeresgürtel der Tethys wurde durch Drehung Eurasiens im Uhrzeigersinn, gegenläufige Bewegungen Afrikas und die N-Drift Indiens verengt. Die in Mitteleuropa zu Beginn der Kreide abgelagerten Sandsteine (Wealden) enthalten Kohle, Erdöl und Erdgas. Das sich dann hier ausbreitende Meer war durch eine zentrale Landmasse (mitteldeutsches Festland und Böhmische Masse) zweigeteilt: Süddeutschland gehörte zum Tethysmeer; das in mehrere kleine Becken gegliederte norddeutsche Meer war in der Unterkreide von Inseln und Schwellen (Pompeckjsche Schwelle) durchsetzt, die in der Oberkreide alle überflutet wurden. Zu den küstennahen Ablagerungen zählen die Trümmererze (Eisenerze) von Salzgitter. Die weißen, mürben, zum Teil von Feuersteinlagen durchzogenen Kalke der Oberkreide (»Schreibkreide«) sind von Südengland bis zur Ostsee (Rügen) verbreitet. Der in Schwellen und Tröge (u. a. Gosauschichten) gegliederte Senkungsraum (Geosynklinale) im Bereich der Alpen wurde von Faltungen und Hebungen erfasst; in den Vortiefen Flysch- und Molasseablagerungen.
 
In der Pflanzenwelt vollzog sich eine wesentliche Wende. Während anfangs neben Bärlappgewächsen (u. a. die 20 cm hohe Art Nathorstiana arborea) und Farnen (u. a. Weichselia, Hausmannia) noch Nadelhölzer, Ginkgogewächse (u. a. Baiera), Bennettitales und Samenfarne, also Nacktsamer, vorherrschten, traten in der höheren Unterkreide erstmals Bedecktsamer auf und bildeten zusammen mit den Nadelhölzern (u. a. die Sumpfzypressengewächse Sequoia und Geinitzia) eine wichtige Grundlage für die Entfaltung der Vögel und Säugetiere. Als erste Gattung der Laubholzgewächse erscheint Credneria in der Oberkreide.
 
Eine starke Entfaltung zeigen in der Tierwelt der Meere die Foraminiferen und Schwämme (u. a. das pilzförmige Coeloptychium, der trichterförmige Ventriculites, die propellerförmige Verruculina und die birnenförmige Siphonia). Neben den Korallen bauten auch Moostierchen und Rudisten Riffe auf. Der Formenreichtum der Armfüßer (u. a. das am Boden festgewachsene »Totenköpfchen«, Isocrania) nahm ab. Unter den Muscheln traten die Inoceramen (Inoceramus) weltweit hervor; große, extreme Formen bildeten die zu den Rudisten gehörenden Hippuriten; Caprina und Requienia hatten spiralig gewundene Klappen. Große Formenvielfalt wiesen die Ammoniten auf; neben riesenwüchsigen Arten (Pachydiscus oder Parapuzosia seppenradensis aus dem Münsterland: bis über 2,50 m Durchmesser) erschienen stark abweichende (»aberrante«) Formen mit lose aufgerollten (Crioceras), turm-, schraubenartig oder unregelmäßig aufgewickeltem Gehäuse (z. B. Turrilites) oder gestrecktem Gehäuse (Baculites, Macroscaphites) und vereinfachter Lobenlinie. Die Belemniten sind formenreich und wichtige Leitfossilien. Unter den Stachelhäutern überwogen die Seeigel gegenüber den Seelilien. Bei den Fischen wurden die Holostei (Knochenganoiden) gegen Ende der Kreide weitgehend von den Teleostei (Knochenfische) verdrängt. In den Meeren lebten auch Knorpelfische (u. a. Haie), Ichthyosaurier, Plesiosaurier und Mosasaurier. Die Reptilien entfalteten sich v. a. auf dem Festland (Schlangen, Schildkröten). An erster Stelle stehen die Dinosaurier, mit den räuberischen Vertretern Gorgosaurus, Megalosaurus, Tyrannosaurus und den zu den Coelurosauriern gehörenden Ornithomimiden; überwiegend Pflanzenfresser waren u. a. Apatosaurus, Hadrosaurier, Iguanodon, Pachycephalosaurier (u. a. Stegoceras), Stegosaurier (Stegosaurus), Ankylosaurier (v. a. Ankylosaurus und Scolosaurus, beide 5 m lang, aus der Oberkreide Nordamerikas), Ceratopsier (v. a. Triceratops, Monoclonius, Chasmosaurus, Styracosaurus). Den Höhepunkt ihrer Entwicklung hatten die Flugsaurier. Große Fortschritte zeigten die Vögel: neben bezahnten (Hesperornis, Ichthyornis) auch die heutigen Formen. Die Säugetiere spielten noch eine untergeordnete Rolle: erste Beuteltiere (Holoclemensia), Plazentatiere (Pappotherium aus der Unterkreide; ab Oberkreide auch Insektenfresser), Urhuftiere und Primaten (Plesiadapiformes mit der Gattung Purgatorius). Am Ende der Kreide starben nahezu die Hälfte der damals lebenden Arten, darunter die Dinosaurier, Ammoniten, Belemniten, Rudisten, mehrere Gruppen von Schnecken, die Meeresreptilien, Flugsaurier und zahntragende Vögel aus. Von den Reptilien überlebten nur die Brückenechsen, Schildkröten, Krokodile, Echsen und Schlangen. Das Massensterben, von dem aber u. a. die Landpflanzen nicht betroffen wurden, wird heute vielfach auf kosmische Einflüsse, z. B. Einschlag eines Asteroiden an der Küste der Halbinsel Yucatan, der große Mengen Schwefel aus dem dort stark schwefelhaltigen Gestein freisetzte, zurückgeführt, kann jedoch auch mit terrestrischen Ursachen z. B. dem etwa 0,5 Mio. Jahre anhaltenden Dekhanvulkanismus (Dekhan) begründet werden, bei dem pro Jahr über 100 Kubikkilometer Asche und Lava freigesetzt wurden.(Dinosaurier)
 
 
Aspekte der K. Europas, hg. v. J. Wiedmann (1979);
 
Catastrophes and earth history, hg. v. W. A. Berggren (Princeton, N. J., 1984);
 E. Kemper: Das Klima der K.-Zeit (1987).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Dinosaurier: Zu Lande und in der Luft
 
 2) Petrologie: erdiger Kalkstein, weißer, feinkörniger, weicher und lockerer Kalkstein (mikrokristalliner Calcit), der oft Knollen von Feuerstein enthält; als Schreibkreide, Schlämmkreide u. a. verwendet; v. a. aus Mikrofossilien (Foraminiferen, Algen u. a.) entstanden; Vorkommen (Kreidezeit) v. a. auf Rügen, in Nordfrankreich und England.
 

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Krei|de, die; -, -n [mhd. krīde, spätahd. krīda < vlat. (galloroman.) creda < lat. creta, viell. gek. aus: terra creta = gesiebte Erde, zu: cretum, 2. Part. von: cernere = scheiden, sichten]: 1. <o. Pl.> [fossiler] in unvermischter Form weißer u. weiß färbender, erdiger, weicher Kalkstein: K. abbauen; Felsen aus K.; bleich, weiß wie K. werden (erbleichen); *K. fressen (ugs.; sich zurückhalten; seine Aggressivität im Zaum halten; sich scheinbar friedfertig geben; wohl nach dem Grimmschen Märchen vom „Wolf und den sieben Geißlein“, in dem der Wolf Kreide frisst, um eine zarte Stimme zu bekommen): Dass Geißler seine Attacke, zunächst, wieder zurückziehen und K. fressen musste, liegt am Klima (Spiegel 40, 1984, 35); Manche Frauen sind einfach misstrauisch, weil sie vermuten, dass der alte Wolf nur im Schafspelz erscheint. Vielleicht hat er nur K. gefressen (Wilhelm, Unter 19). 2. [als Stift, 1Mine (3) o. Ä. geformtes Stück] feste ↑Kreide (1), feinkörniger fester Gips o. Ä. zum Schreiben, Zeichnen, Markieren: weiße, rote, grüne K.; ein Stück K.; etw. mit K. an die [Wand]tafel schreiben; mit K. zeichnen; *[die folgenden Wendungen beziehen sich darauf, dass früher bes. in Gasthäusern die Schulden der Gäste mit Kreide auf einer Tafel notiert („angekreidet“) wurden]: bei jmdm. [tief] in der K. stehen/sein/sitzen (ugs.; bei jmdm. [viele] Schulden haben): Jetzt stehen wir bei unserer Bank haushoch in der K. (Ziegler, Liebe 319); Fünf Rundfunkanstalten ... stehen bei den Berlinern mit insgesamt 37,35 Millionen Mark in der K. (Hörzu 27, 1977, 13); bei jmdm. [immer tiefer] in die K. geraten/kommen (ugs.; bei jmdm. [immer mehr] Schulden machen); auf K. leben (ugs.; auf Kredit leben); mit doppelter K. [an]schreiben (in unlauterer Absicht geschuldete Beträge überhöht anschreiben, ansetzen; eigtl. = mit doppelter Kreidespitze schreiben, damit unbemerkt zwei Zählstriche zugleich entstehen). 3. <o. Pl.> (Geol.) jüngste Formation des Mesozoikums (zwischen Jura und Tertiär).

Universal-Lexikon. 2012.

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